Geschichte

Wissenswertes über die Anfänge der Wohnungsbaugenossenschaft in Lechhausen

Viele Institutionen, Verbände und Organisationen, die noch heute bestehen, gehen auf die Zeit zurück, als sich der Ort Lechhausen als Stadtgemeinde in verschiedenen Bereichen selbst verwalten konnte. Die Stadterhebung setzte in einem hohen Maß die Selbstverantwortung der Lechhauser Bürgerschaft frei. Zu diesen Bemühungen zählen auch die Gründungen der Baugenossenschaften, die sich um die Bereitstellung von billigem Wohnraum bemühten.

In Augsburg kam es im Jahr 1900 zur Gründung einer so genannten „Baugenossenschaft Augsburg“, die man aber nicht mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WBG verwechseln darf. Diese ist fast 30 Jahre später gegründet worden. Bei der Generalversammlung am 25. November 1900 wurde festgelegt, dass ihr Zweck die Erbauung oder käufliche Erwerbung von Häusern ist, welche den Mitgliedern „mietweise oder als Eigentum“ unter möglichst günstigen Bedingungen überlassen werden.

Ob die Lechhauser gerade dem Augsburger Vorbild folgten ist anzuzweifeln, denn Baugenossenschaften hat es in fast allen größeren Orten mit Industriebetrieben gegeben. Das Genossenschaftsgesetz trat am 1. Mai 1889 in Kraft und ermöglichte die Gründung von Genossenschaften mit beschränkter Haftung. Zugleich schuf die Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetzgebung von 1889 weitere Voraussetzungen für den Erfolg der Baugenossenschaften, weil sie mit der Vergabe von langfristigen und zinsgünstigen Krediten der Versicherungsanstalten an die gemeinnützige Wohnungswirtschaft einherging.

Notwendig wurden die Genossenschaften aber auch durch das Nachlassen der privaten Bautätigkeit. Dies war auch in Lechhausen der Fall. So wurde auf Veranlassung des Mietervereins Lechhausen am 19. Juni 1908 ein Treffen mit dem Stadtmagistrat, der Industrie und der Lechhauser Wohnungskommission veranstaltet. Als Mittel zur Beseitigung der Wohnungsnot wurde die Gründung einer Baugenossenschaft erachtet, welche den weniger vermögenden Bevölkerungsschichten durch die Erbauung von Häusern billige Wohnungseinheiten vermitteln sollte.

Schon am 13. September 1908 kam es zur ersten Versammlung. Am 20. September wurden bereits die Statuten beraten und am Sonntag, den 26. September kam es schon zur Gründung der Baugenossenschaft, der sofort 60 Mitglieder beitraten. Am 8. November wurden die ersten Grundstücke besichtigt. Die Stadtverwaltung stellte zuerst 1 1/2 Tagwerk Grund zum Quadratmeterpreis von 40 Mark zur Verfügung. Ende Dezember 1908 bekundeten 35 Mitglieder Interesse an einer 3-Zimmerwohung, 15 Mitglieder an einer 2-Zimmerwohnung. Man betrachtete eine Kleinwohnungsanlage in Ulm als mustergültig und reiste zur Besichtigung ins Ländle.

Erfreulich war auch die Tatsache, dass sich die Baumwollspinnerei am Stadtbach an der Genossenschaft beteiligte.

Im Mai 1909 entschied man sich, durch das „Technische Bureaux“ Eberle und Graf 26 Häuser und 44 Wohnungen bauen zu lassen. Auch wurden 1909 bereits ein Mustermietvertrag und eine Hausordnung erlassen.

Die Genossenschaft war stolz, denn am 5. Juni 1910 wurde zu einer öffentlichen Besichtigung der „Kleinwohnhauskolonie Birkenau“ eingeladen. Doch Mitte Juni 1910 kam das große Lechhochwasser und so gab es bereits in der Anfangsphase erste Reparaturarbeiten.

Die Lechhauser Baugenossenschaft hat die politische Eingemeindung Lechhausens überstanden und konnte ihre Selbstständigkeit bewahren.

(Text von Georg Feuerer; veröffentlicht im „Der Lechhauser“ Dezember 2007)